Wie kann man als homosexuelles Paar ein Kind adoptieren?

Der Kinderwunsch und das Recht auf dessen Erfüllung ist unabhängig von der sexuellen Orientierung. Leider war dies nicht immer so. Auch wenn mittlerweile die rechtlichen Rahmenbedingungen vorhanden sind, die schwulen und lesbischen Paaren eine Adoption ermöglichen, gilt es noch immer zahlreiche Hürden zu überwinden. Trotz der Gleichstellung und der Ehe für alle beschreiben viele Menschen, die eine gleichgeschlechtliche Partnerschaft führen, dass ihrem Wunsch nach einer Adoption skeptischer begegnet wird. Abschrecken lassen sollte man sich davon jedoch nicht.

Eine Regenbogenfamilie gründen

Von einer Regenbogenfamilie spricht man, wenn mindestens ein Kind im Haushalt gemeinsam mit einem gleichgeschlechtlichen Paar lebt. Laut Statistischem Bundesamt lebten im Jahr 2016 rund 14.000 Kinder in einer solchen familiären Konstellation. Dabei ist es unabhängig, ob die Kinder aus einer früheren heterosexuellen Partnerschaft stammen, ob sie adoptiert wurden oder durch eine Samenspende entstanden sind. Es gibt demnach verschiedene Möglichkeiten, eine Regenbogenfamilie zu gründen. Viele lesbische Paare entscheiden für eine Samenspende, die mithilfe einer Insemination oder IVF durchgeführt wird.

Die Frau, die das Kind zur Welt bringt, ist die biologische und rechtliche Mutter. Ihre Ehepartnerin wird nicht automatisch als Elternteil angesehen. Um dies zu erreichen, muss eine Stiefkindadoption erfolgen. Die gleichgeschlechtliche Elternschaft für Männer ist durch eine Adoption oder durch Leihmutterschaft (Letzteres ist in Deutschland nicht erlaubt) zu erreichen. Natürlich besteht auch die Möglichkeit, das Kind des Ehepartners aus einer früheren heterosexuellen Partnerschaft zu adoptieren, sofern der Elternteil verstorben ist oder seine Einwilligung gibt. Hierbei handelt es sich dann ebenfalls um eine Stiefkindadoption.

Rechtliche Lage – Ehe für alle

Seit dem 01.10.2017 dürfen gleichgeschlechtliche Paare in Deutschland heiraten. Sie genießen somit dieselben Rechte wie heterosexuelle Ehepaare. Die Ehe für alle löste die eingetragene Lebenspartnerschaft ab, welche seit 2001 möglich war. Auch die Möglichkeit der Adoption durch ein homosexuelles Paar wurde durch die Ehe für alle revolutioniert. Seither ist es möglich, dass gleichgeschlechtliche Paare gleichzeitig ein fremdes Kind adoptieren. Zuvor musste das Kind von beiden Partnern nacheinander adoptiert werden.

Ein wesentlicher Rechtsunterschied zu heterosexuellen Paaren betrifft gleichgeschlechtliche Ehepartner, bei denen einer der beiden die leibliche Mutter / der leibliche Vater des Kindes ist. Diese Kinder haben, bis das Stiefkindadoptionsverfahren durch den Ehepartner abgeschlossen ist, rechtlich gesehen nur einen Elternteil. Dies wirkt sich auf die rechtliche Absicherung des Kindes aus.

So lange das Adoptionsverfahren noch läuft, ist die Eltern-Kind-Beziehung zu dem nicht leiblichen Elternteil nicht abgesichert. Das Kind hätte demzufolge keine Erbansprüche und der nicht leibliche Elternteil kein Umgangsrecht im Falle einer Scheidung. Leider kann sich ein solches Verfahren in die Länge ziehen.

Statistik - Homoehe & Kind adoptieren
Befragung zu Kinderadoption für homosexuelle Paare

Voraussetzungen für eine Adoption

Wer in Deutschland ein Kind adoptieren möchte, muss gewisse Voraussetzungen erfüllen. Dies gilt gleichermaßen für heterosexuelle als auch für homosexuelle Paare. Die meisten Jugendämter vermitteln Adoptionen nur an Eheleute. Wollen zwei Frauen oder zwei Männer gemeinsam (!) ein Kind adoptieren, müssen sie verheiratet sein. Die Adoption durch Singles oder unverheiratete Partner ist nicht verboten, allerdings ist hier mit größeren Schwierigkeiten zu rechnen.

Es gibt verschiedene Anlaufstellen, an die man sich bei einem Adoptionswunsch wenden kann. Dazu zählen die Adoptionsvermittlungsstellen der Jugendämter, anerkannte Adoptionsvermittlungsstellen freier Träger sowie die zentralen Adoptionsstellen der Landesjugendämter. Zunächst nimmt man Kontakt auf und reicht verschiedene Unterlagen ein, welche belegen, dass man sowohl finanziell als auch psychisch in der Lage ist, die Verantwortung der Elternschaft zu tragen. Verlangt werden beispielsweise:

  • ein polizeiliches Führungszeugnis,
  • ärztliche Atteste sowie
  • Vermögensnachweise.

Ein Ehepaar, bei dem einer oder beide Partner Vorstrafen haben oder wo eine Verschuldung vorliegt, werden höchstwahrscheinlich mit ihrem Adoptionswunsch abgewiesen. Die strenge Vorgehensweise soll dem Kindeswohl dienen.

Nach Prüfung der Unterlagen werden ausführliche Gespräche geführt. Der Vermittler wird auch mit persönlichen Fragen nicht zurückhaltend sein. Die Gespräche dienen dazu, die Motivation der Adoption herauszufinden und nochmals das Kindeswohl abzuwägen. All diese Gespräche bezeichnet man als Eignungsverfahren, in dessen Rahmen die Mitarbeiter des Jugendamtes einen Sozialbericht erstellen. Das Eignungsverfahren erstreckt sich häufig über mehrere Monate bis hin zu einem Jahr.

Die Eignungskriterien für heterosexuelle und homosexuelle Ehepaare sind identisch, d. h. Letztere dürfen nicht benachteiligt werden. Was in der Theorie plausibel klingt, wird von manchen gleichgeschlechtlichen Paaren in der Praxis anders empfunden. Wer ein Kind adoptieren möchte, muss sich generell auf eine emotional belastende Zeit durch das Eignungsverfahren einstellen. Eine Adoption durch homosexuelle Paare erfordert vielleicht noch ein wenig mehr Durchhaltevermögen.

Eine Auslandsadoption gestaltet sich für homosexuelle Ehepaare schwierig. Ob eine Auslandsadoption möglich ist, ist länderspezifisch verschieden. Nur wenige Länder erlauben eine Adoption durch homosexuelle Paare, dazu zählen u. a. Brasilien, Mexiko, Kolumbien, Portugal sowie vereinzelte europäische Länder und wenige amerikanische Staaten.

Was noch bei der Adoption zu beachten gilt

Das Thema gleichgeschlechtliche Partnerschaft und Familiengründung sorgt noch immer für hitzige Debatten, auch wenn der Tenor insgesamt wohlwollender geworden ist. Dennoch herrscht Verunsicherung. Gleichgeschlechtliche Paare, die sich Kinder wünschen, sorgen sich nicht selten um die psychosozialen Folgen. Oftmals befürchten sie, dass ihre Kinder aufgrund der sexuellen Orientierung ihrer Adoptiveltern in der Schule Ausgrenzung und Mobbing erleben. Kritiker der gleichgeschlechtlichen Adoption sehen die Kindesentwicklung gefährdet, da entweder die Mutter- oder Vaterfigur dauerhaft fehlt.

Außerdem befürchten sie, es könnten Störungen bezüglich der Geschlechtsidentität des Kindes auftreten oder dass ein von homosexuellen Partnern erzogenes Kind ebenfalls homosexuell wird. Diese Befürchtungen entbehren jedoch jeder wissenschaftlichen Grundlage. Tatsächlich handelt es sich bei einem Adoptivkind um ein sehnlichst gewünschtes Kind, das dementsprechend geliebt wird.

Kinder von homosexuellen Paaren weisen oftmals ein größeres Selbstbewusstsein auf als andere Kinder, da sie vermittelt bekommen, dass „Anderssein“ nichts Schlimmes ist. Psychische Problematiken aufgrund einer Regenbogenkonstellation ließen sich bisher kaum beobachten. Die Vermutung, dass Homosexualität anerzogen werden könnte, wurde mittlerweile in Studien widerlegt.